IBN — Twiel Z7: Futuristisch gezeichnet, zum Entschleunigen gedacht

Seit ich den ersten Blick auf dieses Batmobil für den Bodensee geworfen habe, bin ich gespannt auf die erste Probefahrt. Jetzt liegt der Prototyp in Horn am Untersee bereit. Das Design ist definitiv aufsehenerregend, wie schon die ersten Renderings zeigten. Auch als Weltpremiere an der „boot 2025“ in Düsseldorf war die Twiel Z7 ein Hingucker. Ein Boot, das Emotionen weckt. Ein Design, das bewusst Diskussionsstoff bietet – von revolutionär und modern bis zur Frage: „Ist das noch ein Boot?“ Geschmäcker sind verschieden.

Zwei Rümpfe, kaum Widerstand

Was auf den ersten Blick kaum auffällt: Die Twiel ist ein Katamaran. Sie steht auf zwei schmalen Rümpfen, die mit wenig Widerstand durchs Wasser schneiden. In jedem Rumpf arbeitet ein ePropulsion I20-Elektromotor, der mit 20 kW über einen konventionellen Wellenantrieb den Propeller antreibt.

Die Twiel ist ein Katamaran - Foto: Julius Osner
Die Twiel ist ein Katamaran – Foto: Julius Osner

Die Motoren sind dabei vor dem Steuerstand platziert, die Batterien mittschiffs. Dadurch ist die Gewichtsverteilung ausgeglichen, der Katamaran liegt flach auf dem Wasser, und seine 7,50 Meter langen Rümpfe schwimmen optimal horizontal. Ein Kat schiebt – anders als ein konventionelles Boot – keine große Bugwelle vor sich her, die seine Rumpfgeschwindigkeit beschränkt oder bei Gleitbooten mit viel Energie überwunden werden muss, bis das Boot aus dem Wasser kommt und auf seiner eigenen Bugwelle surft.

Perfekt für mittlere Geschwindigkeit

Die physikalischen Grenzen, die die Geschwindigkeit der Twiel begrenzen, liegen deutlich über der Rumpfgeschwindigkeit eines Einrümpfers. Die schlanken, spitzen Katamaranrümpfe sind optimal für einen Elektroantrieb im mittleren Geschwindigkeitsbereich.

Der erste Augenschein führt auf eine falsche Spur. Er lässt vor dem inneren Auge die Erwartung entstehen, dass – wenn beide Gashebel vehement nach vorne gedrückt werden – das Boot kräftig beschleunigt und sportlich über den See schießt.

Kein Gleiter, klar Kat

Weit gefehlt. Katamaran-like bleibt die Twiel beim Beschleunigen flach auf dem Wasser, liegt stabil und fährt, ohne große Wellen zu werfen. Die Twiel schneidet auch sauber durch die Wellen eines vor uns querenden Motorbootes. Diese Stabilität ist auch beim Stillliegen, Sonnenbaden und Sundowner wohltuend – kaum ein Schaukeln.

Neue Kurvenlogik

Neu denken muss ich auch, als ich mit der Twiel in die Kurve gehe. Sie fährt wie auf Schienen, unaufgeregt – Katamaran, nicht Runabout. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie schwer manövrierbar wäre – im Gegenteil: Ein Motor im Vorwärtsgang, der andere im Rückwärtsgang – und sie dreht sich auf der Stelle. Auch rückwärts fährt sie wie auf Schienen. Der Katamaranrumpf lässt sich selbst durch den Radeffekt nicht beirren. Allerdings sollte man beim Zurücksetzen oder Abbremsen nicht zu forsch sein – sonst steigt die Heckwelle auch mal ins Cockpit ein.Noch ist die Twiel im Prototypenmodus. An der Feinabstimmung wird gefeilt. Künftig sollen gegenläufige Propeller zum Einsatz kommen, die den Radeffekt kompensieren. Auch mit den Propellern selbst wird in Bezug auf Größe, Form und Steigung noch optimiert, um den Antrieb optimal auf das Boot abzustimmen.

Für Genießer gemacht

Auch bei der Motorisierung besteht Flexibilität – mehr Leistung wäre denkbar. Klar ist aber: Die Twiel spielt zwar mit der Optik eines Batmobils, fährt aber wie ein Genussboot. Gemütlich cruisen bis zu 15 km/h, sonnenbaden und chillen auf der großzügigen Sonnenliege, ein Sprung ins Wasser vom bequemen Einstieg über das Heck – das sind die starken Argumente der Twiel.

Für diesen Einsatz ist auch die Batteriekapazität ausgelegt. Mit vier mal 10 kWh = 40 kWh Gesamtkapazität genießt man zwei bis drei Stunden Fahrzeit auf dem Untersee – genug für einen schönen Tag auf dem See. Die Batterien werden über Nacht am vorhandenen Landstrom im Hafen geladen.

E-Technik im System

Der Zugang zu den vier ePropulsion G102-100 Batterien ist verschlossen – Hochvoltanlage. Ein Blick war mir erlaubt: unspektakulär – vier graue Kisten mit je circa 90 Kilo Gewicht, sauber verbaut. Der Doppelmotorantrieb wird von ePropulsion als System geliefert. Alle Teile – von der Batterie über die Steuerung bis zum Motor – sind optimal aufeinander abgestimmt.

Regional gedacht, sauber gebaut

Der Rumpf ist sauber verarbeitet. Holz & Boot (Till Grabowski) hat sauberes Bootsbauhandwerk geliefert. Ein Holzboot unter Verwendung von regionalen Hölzern, konstruiert von Juliane Hempel nach den Vorstellungen von Michael Zupritt von MIZU. Mehr zur Konstruktion und dem Bau in der IBN Power 2025 und über diesen Link!

Fazit:

Die Twiel Z7 ist ein Statement – mutig im Design, klar in der Haltung. Wer beim ersten Anblick Geschwindigkeit und Showeffekte erwartet, wird bewusst überrascht. Statt Tempo bietet sie Ruhe, statt Adrenalin Gelassenheit. Die Twiel spielt nicht mit Kraft, sondern mit Formen. Sie zeigt, dass moderne Bootsarchitektur mehr sein kann als Dynamik: ein Ort für Leichtigkeit, Weite und bewusste Auszeit. Wer sich auf diese neue Bootsidee einlässt, wird belohnt – mit einem Erlebnis, das nicht laut, aber lange nachwirkt.

In der Natur entschleunigt - Foto: Julius Osner
In der Natur entschleunigt – Foto: Julius Osner